Marburger Stenografenverein 1887 e. V.
Vereinsgeschichte
des
Marburger Stenografenvereins 1887 e. V.
1988 - 2021
Mit dem Jahr 1988 beginnt das 2. Jahrhundert des Bestehens des Marburger Stenografenvereins, zu diesem Zeitpunkt zählte der Verein 211 Mitglieder. Die Unterrichtstätigkeit war enorm, es wurden 12 Kurse in Kurzschrift mit ca. 160 Teilnehmern in der Friedrich-Ebert-Schule durchgeführt, etwa 350 Teilnehmer besuchten die 15 Kurse im Maschinenschreiben im Stenografenheim Am Schlag 11. Mehrere Meistertitel konnten bei den Bezirksmeisterschaften in Bad Nauheim, den Einzelmeisterschaften in Rüsselsheim sowie den hessischen Mannschaftsmeisterschaften in Hofheim errungen werden.
Im gleichen Jahr trennte sich der Verein von dem Freizeitgrundstück in Amöneburg, nach einer Fernsehserie "Ponderosa" genannt. Der Verkauf erfolgte schweren Herzens, aber die Bewirtschaftung durch die älteren Vereinsmitglieder war nicht mehr möglich und es fehlte der Nachwuchs. Geblieben sind viele schöne Erinnerungen.
Das darauf folgende Jahr 1989 stand für die Stenografen ganz im Zeichen von Franz Xaver Gabelsberger, dessen 200. Geburtstag am 9. Februar gefeiert wurde. Gabelsberger stammte aus Bayern und entwickelte im Laufe der Jahre ein kurzschriftliches System bis hin zu der Möglichkeit, die Kurzschrift für die Aufnahmen von Verhandlungen zu verwenden. Ihm zu Ehren fanden viele Veranstaltungen und Gedenkfeiern statt. Im Juni wurde eine Sondermarke der Post herausgeben, damit sollte die breite Öffentlichkeit an Leben und Wirken Gabelsbergers erinnert werden. Zu Ehren dieses Mannes hatte sich unser Verein bei der Gründung 1887 "1. Marburger Gabelsberger-Stenografenverein" genannt.
Auch für den Verein brachte das Jahr 1989 bedeutsame Veränderungen. Zwei bewährte Unterrichtsleiter, Hilde Stork und Christian Lehmann, gingen in den stenografischen Ruhestand. Sie waren die letzten Unterrichtsleiter, die nach 1945 den Vereinsunterricht wieder aufgebaut und maßgebend geprägt hatten. Fast symbolisch dazu hatte sich auch der Wechsel in den Unterrichtsräumen vollzogen. Das Stenografenheim Am Schlag wurde am 30.09.1989 aufgegeben. Durch Verhandlungen mit dem Direktor der Kaufmännischen Schulen und dem Schulamt der Stadt Marburg wurden dem Verein modern eingerichtete Klassenräume in den Kaufmännischen Schulen zur Mitbenutzung bei günstigen finanziellen Konditionen überlassen. Der Maschinenschreibunterricht konnte jetzt unter zeitgemäßen Bedingungen durchgeführt werden. Zeitgleich fand auch der Kurzschriftunterricht, der über 60 Jahre in der Friedrich-Ebert-Schule abgehalten wurde, dort statt.
Durch eine Zeitungsanzeige wurden Räumlichkeiten für ein neues Vereinsheim gesucht und gefunden, und zwar ideal gelegen gegenüber den Kaufmännischen Schulen in der Leopold-Lucas-Straße. Der Umzug mit dem Mobiliar, dem großen Archiv von Büchern und einigen Schreibmaschinen war schnell vollzogen. Die meisten vereinseigenen Schreibmaschinen wurden verkauft bis auf einige ältere Stücke, wie zum Beispiel die kleine "Erika", die erste Koffermaschine mit doppelter Umschaltung von 1910.
Wie im Jahr zuvor wurden bei den Wettschreiben einige Meister- bzw. Vizemeistertitel von Marburger Schreibern errungen. Die Bezirksmeisterschaften fanden in Biedenkopf statt, die hessischen Einzelmeisterschaft in Langen, beim Hessentag in Frankenberg gab es eine Bronzemedaille für die Stenografen.
Ein Höhepunkt im Vereinsleben war das Treffen mit den Schriftfreunden in Maribor vom 13. bis 16. Oktober 1989. Die Verbindung zu den dortigen Stenografen wurde bereits anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft Marburg - Maribor (1979) geknüpft unter dem damaligen Vorsitzenden Christian Lehmann. Eine Abordnung aus Maribor war zu den Feierlichkeiten nach Marburg angereist, ein Gegenbesuch in Maribor fand 1980 statt. Auch während der Kriegsereignisse auf dem Balkan wurden die Kontakte aufrechterhalten in der Hoffnung, dass der dortige Verein weiter bestehen kann. Leider zerfiel er später.
Nach dem Fall der Mauer 1989 wurden erste Kontakte mit den Schriftfreunden in Eisenach, der Partnerstadt von Marburg, aufgenommen. Ansprechpartner war Schriftfreund Jaritz, den eine kleine Abordnung des Vereins mit Schriftfreund Helmut Körner vom Bezirk Mittelhessen am 1. April und am 30. Juni in Eisenach-Mihla besuchte. Der Eisenacher Stenografenverein, ebenfalls ein alter Traditionsverein aus dem Jahre 1881, konnte zu DDR-Zeiten allerdings nicht weiter bestehen. Nach der Wende wurde Schriftfreund Jaritz die treibende Kraft für die Wiederbelebung des Vereins.
Das erfolgreichste Jahr für die Stenografen war das Jahr 1991. Bei den hessischen Mannschaftsmeisterschaften in Lorsch holten sich die Schreiber Rosemarie Berghöfer, Lydia Fülling, Manfred Luh, Margret Röhrig und Astrid Stoll den Meistertitel. Es war die erste Goldmedaille für den Marburger Verein seit 1969.
In den darauf folgenden Jahren erging es dem Verein wie allen anderen hessischen Vereinen: Die Mitgliederzahlen sanken, für viele Kursangebote gab es nicht genügend Teilnehmer. Besonders Kurse in Kurzschrift kamen kaum noch zustande. Durch die Technisierung wurde die Kurzschrift immer mehr in den Hintergrund gedrängt, in einigen Ausbildungsberufen war sie kein Pflichtfach mehr. Die Mitgliederzahlen sanken von 211 im Jahre 1988 auf 140 im Jahre 1995.
1997 feierte der Verein sein 110-jähriges Bestehen und gleichzeitig die Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg am 12. Januar 1947. Aus diesem Anlass fand am 11. und 12. Oktober der 113. Hessische Stenografentag mit den Einzelmeisterschaften in Marburg statt. Schirmherr der Veranstaltung war Oberbürgermeister Dietrich Möller. Die Stadt Marburg unterstützte den Verein nach Kräften, indem sie die Räume in den Kaufmännischen Schulen unentgeltlich zur Verfügung stellte. Stenografen und Maschinenschreiber aus ganz Hessen reisten an, um sich im schreiberischen Wettstreit zu messen. Zahlreiche Vereinsmitglieder halfen bei der Durchführung der Wettbewerbe und dem Rahmenprogramm an beiden Tagen. Den Schlusspunkt bildete die Siegerehrung durch den Verbandsvorsitzenden Stefan Senzig in Anwesenheit des Schirmherrn, Oberbürgermeister Möller.
Am 16. Mai 1998 beteiligte sich der Marburger Stenografenverein am bundesweit ausgeschriebenen Lernfest "Gestalten - Entfalten - Weiterbilden". Unter Federführung der Volkshochschule Marburg gab es die Möglichkeit, sich in der "Straße der Weiterbildung" zwischen dem Gebäude der Volkshochschule und der Friedrich-Ebert-Schule zu präsentieren. Mit Flyern wurde auf das Unterrichtsangebot des Vereins hingewiesen. Am Informationsstand auf dem Schulhof der Friedrich-Ebert-Schule waren unter anderem Schreibmaschinen aus den Jahren 1910 und 1920 ausgestellt. Attraktion war ein Gewinnspiel mit Fragen zur Kurzschrift, der deutschen Rechtschreibung und DIN-Regeln zur Textverarbeitung, bei dem drei Gewinner für die kostenlose Teilnahme an einem Kurs des Vereins ausgelost wurden.
Am 27. Dezember 1998 verstarb mit 65 Jahren Schriftfreund Klaus Fülling, der seit 1982 den Verein mit großem Idealismus bis zu seinem Tode erfolgreich geleitet hat. Schon seit 1962 war er als Kursleiter für Stenografie eingesetzt. Für seine Verdienste in jahrzehntelanger Tätigkeit um die Förderung von Stenografie und Maschinenschreiben würdigte ihn der Deutsche Stenografenbund. So wurde ihm anlässlich des 100. Geburtstages des Vereins in 1987 vom damaligen Präsidenten des Deutschen Stenografenbundes Gregor Keller der Ehrenbrief mit dem goldenen Abzeichen des Deutschen Stenografenbundes verliehen.
Nach dem plötzlichen Tod des langjährigen Vorsitzenden Klaus Fülling war guter Rat teuer. Wie sollte es mit dem Verein weitergehen? Nach vielen Gesprächen und Überlegungen war schließlich Lydia Fülling bereit, die Nachfolge ihres verstorbenen Ehemannes zu übernehmen und für das Amt der 1. Vorsitzenden zu kandidieren. So übertrug die Jahreshauptversammlung im Juni 1999 durch einstimmigen Beschluss Schriftfreundin Lydia Fülling die Verantwortung als neue Vereinsvorsitzende. Zur Wiederwahl für den Geschäftsführenden Vorstand standen als 2. Vorsitzende Anita Reisewitz, Kassierer Manfred Luh und als Schriftführerin Rosemarie Berghöfer zur Verfügung, Claudia Weber übernahm das Amt der Jugendvertretung im Geschäftsführenden Vorstand.
Im Laufe der letzten Jahre verschlechterte sich die finanzielle Situation des Vereins immer mehr. Auf der einen Seite sanken die Mitgliederzahlen rapide ab und pendelten sich bei etwa 70 bis 75 ein, sodass die Verbindlichkeiten durch die Mitgliedsbeiträge nicht mehr abgedeckt werden konnten. Ursache auf der anderen Seite war die Konkurrenz durch die Volkshochschule in Marburg, die entgegen der Vereinbarung aus dem Jahr 1956 auch Tastaturschreiben (früher Maschinenschreiben, jetzt am PC) angeboten hatte. So kam es, dass Erwachsene immer mehr die Angebote der VHS nutzten. Daraufhin musste der Verein sein Angebot gezielt auf Schüler und Jugendliche ausrichten, was sich im Nachhinein als gut erwiesen hat. Ab Herbst 1993 bot der Verein "Schülerkurse" für 11- bis 14-Jährige im Maschinenschreiben an, beworben durch spezielle Elternbriefe, die in verschiedenen Schulen verteilt wurden. Die Tastschreibkurse wurden zunächst für Schüler und Erwachsene auf elektronischen Schreibmaschinen durchgeführt, später dann ausschließlich an schuleigenen PCs, die der Verein gegen ein entsprechendes Entgelt in den Kaufmännischen Schulen mitbenutzen darf.
Um nicht aus finanziellen Gründen das vorzeitige Aus des Vereins herbeizuführen, wurde beschlossen, das angemietete Stenografenheim in der Leopold-Lucas-Straße zum 30. Juni 2003 aufzugeben. Es war nicht einfach, die "Schätze" unseres geschichtsträchtigen Vereins unterzubringen. Der umfangreiche Buchbestand wurde archiviert und Experten auf dem Gebiet der Stenografie sowie Archiven angeboten. Ein Glücksfall war, dass der restliche wertvolle Buchbestand im Stadtarchiv der Stadt Marburg im Oktober 2003 aufgelistet eingelagert werden konnte.
Ebenfalls im Jahre 2003 richtete der Verein am 11. und 12. Oktober den 119. Hessischen Stenografentag mit den Einzelmeisterschaften aus. Bei den Wettbewerben gingen rd. 100 Schreiberinnen und Schreiber aus 12 hessischen Vereinen und drei Gastvereinen an den Start. Während der beiden Wettschreibtage wurden die Teilnehmer von Vereinsmitgliedern und dem Vorstand ganztägig bewirtet. Die Wettbewerbe fanden in den Kaufmännischen Schulen statt, die die Stadt Marburg kostenfrei überlassen hatte.
Die Siegerehrung übernahm der Verbandsvorsitzende Stefan Senzig in Anwesenheit von Oberbürgermeister Dietrich Möller, Schulleiter Günther und Ehrenmitglied Wolfgang Berger. Oberbürgermeister Möller dankte dem Verein für die Ausrichtung der Meisterschaften und freute sich über das Zusammentreffen mit Wolfgang Berger, den er aus seiner Zeit als Landtagsabgeordneter und Landtagsstenograf kannte. Zum Abschluss seiner Rede zeichnete er die Vereinsvorsitzende Lydia Fülling und die Kassiererin Rosemarie Berghöfer für ihre jahrzehntelange ehrenamtliche Tätigkeit in der stenografischen Arbeit und anderen Institutionen mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen aus.
Eine weitere Überraschung gab es für beide Vorstandsmitglieder. Sie erhielten für ihre über einige Jahrzehnte geleistete Tätigkeit im Vorstand des Vereins sowie im Bezirk und Verband vom Verbandsvorsitzenden Senzig den Ehrenbrief des Deutschen Stenografenbundes mit dem goldenen Ehrenabzeichen. Als Rahmenprogramm konnten der an diesem Wochenende stattgefundene Elisabethmarkt und das Entenrennen auf der Lahn besucht werden.
Nur ein halbes Jahr nach seinem 90. Geburtstag am 12. Juni 2004 verstarb der Ehrenvorsitzende Christian Lehmann. Er bekleidete jahrzehntelang Vorstandsämter im Verein, von 1973 bis 1982 das Amt des 1. Vorsitzenden. Mit großer Begeisterung motivierte er seine unzähligen Schülerinnen und Schüler für Stenografie. Seine tatkräftige und kenntnisreiche Mitarbeit war als Wettschreibobmann auch im Bezirk Mittelhessen und im Hessischen Stenografenverband gefragt. Neben zahlreichen Ehrungen würdigte ihn der Verband sowohl mit der Ehrenmitgliedschaft als auch der Gabelsbergerplakette in Silber.
Am 12. Juli 2006 präsentierte sich der Verein auf der Marburger Vereinsmesse in der Stadthalle mit einem Stand. Die Besucher konnten sich über die Arbeit und die Kursangebote informieren. Auf Stellwänden waren entsprechende Plakate angebracht. Außerdem beteiligte sich der Verein an einer Schülerrallye, bei der es einige zur Verfügung gestellte Preise wie kostenlose Kursteilnahme zu gewinnen gab. Angeboten wurde auch ein kleines Wettschreiben, bei dem Interessierte ihre Schreibfertigkeit bei einer 5-Minuten-Abschrift testeten, dafür gab es eine Urkunde. Die Besucherzahlen am Vereinsstand waren erstaunlich hoch.
Im Jahre 2007 gab es zwei große Ereignisse: Zum einen wurde der Verein 120 Jahre alt, zum anderen feierte Marburg mit seiner Partnerstadt Eisenach das Jahr der Heiligen Elisabeth. In beiden Städten fanden viele Veranstaltungen statt. Aus diesem Grunde wurde eine Vereinsfahrt nach Eisenach geplant und durchgeführt. Dabei kam uns zugute, dass Herr Jaritz von den dortigen Stenografen sich angeboten hatte, mit ihm Eisenach zu entdecken und zu erleben. Neben einer großartigen Stadtführung gab es Gelegenheit zum Besuch der Wartburg und anderer Sehenswürdigkeiten. Parallel zur Landesausstellung über die Hl. Elisabeth im Creutznacher Haus war in einem Ausstellungsraum die Stenografiegeschichte Eisenachs, organisiert durch Herrn Jaritz, zu bewundern.
Aus Anlass des Vereinsjubiläums fand der 123. Hessische Stenografentag am 29. und 30. September 2007 in Marburg statt. Die Stadt Marburg stellte dem Verein die Kaufmännischen Schulen für die Wettbewerbe zur Verfügung, außerdem durfte die Schulcafeteria an beiden Tagen benutzt werden. Schwieriger war es, die vielen Helfer und die Verpflegung der Teilnehmer zu organisieren. Für die Zeit zwischen den Schreiben konnten sich die Teilnehmer an Stellwänden im Foyer der Schule über die Aktivitäten des Vereins informieren. Bei den Wettbewerben konnte Marburg zwar keine Meistertitel erringen, aber es gab einige sehr gute Leistungen. Bedauerlich, dass zu der Siegerehrung trotz Einladung kein Vertreter der Stadt Marburg erschienen war.
Am 13. März 2008 richtete der Verein den Bezirkstag Mittelhessen aus. Einige wenige Schreiber aus Biedenkopf und Gießen sowie die Marburger kamen zu den Wettbewerben in die Kaufmännischen Schulen. Bei den Wettbewerben stellte der Verein zwei Vizemeister, nämlich in Kurzschrift und im Tastaturschreiben. Am gleichen Tag feierte Helmut Körner, Wettschreibobmann für Kurzschrift des Bezirks Mittelhessen, seinen 80. Geburtstag mit Sekt und einer Geburtstagstorte.
Im Vereinsleben 2008 gab es nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen. Neben den satzungsmäßigen Regularien wie Jahreshauptversammlung konnte der Verein mit seinem Sommerausflug nach Wiesbaden am 3. August einen Höhepunkt verbuchen. Alljährlich plante der Hessische Stenografenverband eine Städtereise, an der auch hessische Vereine teilnehmen konnten. Für 2008 war eine Reise in die hessische Landeshauptstadt organisiert. Und so wurde beschlossen, daran teilzunehmen. Die Bedingungen waren optimal, Anreise mit dem Zug, Fahrt mit der mit Wasserkraft betriebenen Bahn auf den Neroberg, Besichtigung der Russischen Kirche und als Abschluss Führung durch das ehemalige Stadtschloss, dem heutigen Landtagsgebäude. Für private Unternehmungen in der Innenstadt gab es auch noch genügend Zeit.
Zweiter Höhepunkt des Jahres war die Teilnahme am Hessentag am 14. Juni 2008 in Homberg/Efze, einem malerischen Fachwerkstädtchen wie Marburg. Der Verein nahm mit drei Mannschaften an den Wettbewerben teil. Die Marburger Stenografenmannschaft mit den Schreiberinnen Lydia Fülling, Rosemarie Berghöfer, Claudia Weber, Gudrun Kroll und Hiltrud Göbel erschrieben den 2. Platz, also Silber-Medaille!
Die Siegerehrung erfolgte am Sonntag durch Staatsminister Jürgen Banzer, der die Bedeutung der Stenografie in der heutigen Zeit noch einmal herausstellte.
Das traurige Ereignis des Jahres war das plötzliche Ableben von Martin Baum am 29. Mai im Alter von 82 Jahren. Baum gehörte zu den Urgesteinen des Vereins, er war 57 Jahre Vereinsmitglied. Die Vereinsarbeit interessierte ihn bis ins hohe Alter, bei Veranstaltungen vor Ort war er immer anwesend. Durch seinen Beruf als Immobilienmakler war er über Marburg bestens informiert und konnte seine dadurch erworbenen Kenntnisse in die Vereinsarbeit mit einbringen.
Am 24. November 2008 verstarb unser Ehrenmitglied Hilde Stork, die dem Verein ebenfalls über 50 Jahre angehörte. Sie wirkte als Unterrichtsleiterin und als Vorstandsmitglied sowohl im Verein als auch im Bezirk Mittelhessen mit großem Engagement.
Traditionell finden im Frühjahr jeden Jahres die Jahreshauptversammlungen statt, wie immer im Gasthaus Carle in Cappel. Bei diesen Veranstaltungen werden neben den jeweiligen Regularien die Veranstaltungen des laufenden Jahres besprochen und festgelegt. Außerdem stehen jedes Jahr Ehrungen auf der Tagesordnung. In 2009 wurden folgende Mitglieder für 25-jährige Mitgliedschaft durch die Vorsitzende Lydia Füllung mit Urkunde und Blumenstrauß ausgezeichnet: Manfred Herzog, Christa Lehmann, Monika Saßmannshausen und Anita Sell-Schöne. Für 2009 wurde ein Sommer- und ein Winterevent geplant. Beschlossen wurde für den Sommer der Besuch der Burg Greifenstein. An- und Abreise mit dem Zug, längerer beschwerlicher Fußmarsch zur Burg. Neben einer Führung durch die Burg sollte noch genügend Zeit im Burgcafé und Besichtigung der Außenanlagen bleiben. Die Teilnehmerzahl war dann auch überschaubar. Fazit: Es hat sich gelohnt.
Für das Wintertreffen gab es eine Einladung zu Erna Eidams Hoffest in Roth, das genau am Nikolaustag, dem 6. Dezember, stattfand. Diese Einladung wurde angenommen und es ging nach Roth, mit Bahn, Auto oder Fahrrad. Es war entsprechend der Jahreszeit ein kalter und ungemütlicher Tag (das Thermometer zeigte 8 Grad! Und es regnete ständig). Auf dem Hof war ein großes, aber gut beheiztes Zelt aufgebaut, Platz für alle. Bei gutem Essen aus dem Backofen und kalten und warmen Getränken war die Stimmung entsprechend locker. Die kleinen Teilnehmer waren besonders von den Tieren in den Ställen begeistert. Erst bei Einbruch der Dunkelheit löste sich die Gesellschaft auf und Stephan Senzig begleitete die Bahnfahrer über Feldwege zum Bahnhof Niederwalgern.
Zu den Highlights der letzten Jahre gehörte immer die Teilnahme an den Mannschaftsmeisterschaften anlässlich der Hessentage, bei denen die Marburger stets gute Erfolge erzielten. Zur Teilnahme lädt der Hessische Stenografenverband ein, es treffen sich dort Schreiberinnen und Schreiber aus ganz Hessen. In 2009 fand der Hessentag in Langenselbold statt, in der Nähe von Hanau. In jenem Jahr fehlte Marburg, denn es kamen nicht genügend Schreiber für Mannschaften zusammen.
Bei den Mannschaftsmeisterschaften anlässlich der späteren Hessentage war der Verein immer gut vertreten. Die Stenografen erreichten in Wetzlar 2012 den 3. Platz, 2014 in Bensheim den 2. Platz, in Hofgeismar 2015 und Herborn 2016 ebenfalls den 2. Platz, also Silber-Medaille. In Rüsselsheim 2017 und Korbach 2018 war es jeweils der 3. Platz, die Bronze-Medaille. 2019 in Bad Hersfeld war es wieder eine Silber-Medaille. Im gleichen Jahr stand auch die Computermannschaft mit der Disziplin Textbearbeitung erstmals auf dem Siegertreppchen mit der Bronze-Medaille.
Im Bezirk Mittelhessen gab es schon lange Probleme, es fehlte an den dazugehörenden Vereinen. Nachdem zuletzt der Verein Bad Nauheim mit dem Vorsitzenden Helmut Körner sich aufgelöst hatte, waren nur noch Gießen, Marburg und Biedenkopf übrig geblieben. Und so wurde beschlossen, dass Mittelhessen sich einem anderen Bezirk anschließen könnte. Um darüber abzustimmen, wurde eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, zu der überraschenderweise Vertreter aus Biedenkopf erschienen, dagegen stimmten und so blieb alles beim Alten.
Streitpunkt war derzeit immer wieder die Ausrichtung der Bezirksmeisterschaften, da der Aufwand und die Organisation höher waren als die Schreiben überhaupt. Letztendlich waren es nur die der Vereine, die dafür infrage kamen. Und so blieb eine Entscheidung darüber erst einmal offen. Geeinigt wurde sich schließlich, dass die Bezirksmeisterschaften 2011 in Gießen und 2012 in Marburg stattfinden sollen. Das Jahr 2011 war das Jubiläumsjahr des Gießener Vereins, der sein 150-jähriges Bestehen feiern konnte, Marburg war dann im darauffolgenden Jahr der Ausrichter anlässlich des 125-jährigen Jubiläums.
Der Marburger Stenografenverein ist ein gemeinnütziger Verein, er fördert lt. Gesetz die "Volks- und Berufsbildung". Das bedeutet, dass für eingehende Spenden oder Mitgliedsbeiträge Spendenbescheinigungen ausgestellt werden dürfen. Die Gemeinnützigkeit muss alle drei Jahre bei den Finanzbehörden neu beantragt werden, und zwar unter Vorlage von Protokollen und der derzeit gültigen Satzung. Im Jahr 2010 musste die Satzung mit einigen geforderten Änderungen angepasst werden. Diese wurden in der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 12. Dezember im Café Klingelhöfer beschlossen und danach beim Amtsgericht eingetragen.
Bei den Planungen für einen Ausflug im Sommer und ein Treffen in der Weihnachtszeit musste immer generell bedacht werden, wie das vereinbarte Ziel für die Teilnehmer erreichbar ist. Für den Sommerausflug in 2010 war der Besuch der Landesgartenschau in Bad Nauheim am 26. Juni geplant. Mit Hessenticket, Bahn, Rücksackverpflegung für ein Picknick und vor allem schönem Wetter fuhr eine größere Gruppe Vereinsmitglieder zu Hessens größtem Gartenfestival, das sich über den Kurpark und angrenzenden Goldsteinpark erstreckte. In kleinen Grüppchen ging es durch das Gelände. Die Farbe Blau beherrschte die Ausstellung, insbesondere bei den Pflanzen und beim Ausgang bei einer blauen Schafherde. Anziehungspunkt war der "Elvis"-Garten, gewidmet dem King of Rock'n Roll, dort ertönten Elvis-Songs.
Im Jahr darauf, also 2011, ging es in den Norden Hessens. Ziel war die Sababurg mit dem dazugehörenden Tierpark mit einer Greifvogelschau im Regen. In den darauffolgenden Jahren waren die Ziele meist mit dem Zug und anschließender Wanderung geplant, wie zum Beispiel die Fahrt nach Homberg/Ohm mit Wanderung durch das Schächerbachtal oder durch das Salzbödetal mit Endziel Restaurant Schönemühle. Andere Sommerausflüge führten zum Bergpark Kassel, nach Korbach und Biedenkopf und das letzte Sommertreffen war ein gemeinsames Kaffeetrinken am Spiegelslustturm.
Ein Jubiläumsjahr feierten die Marburger Stenografen in 2012, der Verein wurde 125 Jahre alt. Die Festveranstaltung fand am 1. Juni im Saal des Restaurants Carle in Marburg-Cappel statt. Eingeladen waren neben den Vereinsmitgliedern zahlreiche Ehrengäste, darunter die Präsidentin des Deutschen Stenografenbundes Hannelore Schindelasch, der Vorsitzende des Hessischen Stenografenverbandes Stephan Senzig, Vertreter aus dem Bezirk und Marburgs Oberbürgermeister Egon Vaupel.
In der Begrüßungsrede der Vorsitzenden Lydia Fülling gab sie einen Abriss über die Vereinsgeschichte und betonte auch den Kontakt zu dem Verein in Eisenach. Sie dankte Oberbürgermeister Vaupel für die unkomplizierte Überlassung von Schulräumen zu Unterrichtszwecken und den jeweiligen Wettbewerben.
Im Anschluss an die Grußworte fanden Ehrungen für langjährige Treue zum Verein statt. Lydia Fülling und Rosemarie Berghöfer wurden für über 35 Jahre ehrenamtliche Vorstandsarbeit mit dem Silbernen Treueabzeichen des Deutschen Stenografenbundes ausgezeichnet.
Die Feierlichkeiten endeten mit einem gemeinsamen Abendessen und einer Foto-Show über die Vereinsgeschichte.
Es ist üblich, dass Vereine im Jubiläumsjahr Wettschreiben ausrichten. So fanden im Frühjahr 2012 außer den Bezirksmeisterschaften auch die Deutschen Seniorenmeisterschaften in Marburg statt.
Bei überregionalen Wettbewerben beteiligten sich die Spitzenschreiber des Vereins an Meisterschaften in Stenografie und Fertigkeiten auf dem Computer, nicht nur als Mannschaft anlässlich der Hessentage, sondern auch bei den Hessischen Einzelmeisterschaften, den deutschlandweit durchgeführten Seniorenmeisterschaften sowie den Deutschen Meisterschaften oder dem Pokalschreiben. Bei den Deutschen Meisterschaften war der Verein durch die Schreiberinnen Claudia Lingelbach und Lydia Fülling erfolgreich vertreten.
Seit geraumer Zeit war zu beobachten, dass die Anmeldungen für Kurse rückläufig waren. Immer wieder wurde in der Oberhessischen Presse und durch Elternbriefe, die in den Schulen verteilt wurden, auf das Kursangebot hingewiesen, leider ohne den gewünschten Erfolg. Sei es auf Kurse in Stenografie oder am Computer mit "Fit auf der Tastatur".
Erstaunlich und erfreulich war dann, dass sich für ein Stenografie-Fortbildungsseminar vom 25. bis 27. November 2016 in Marburg 30 Teilnehmer aus verschiedenen Städten Deutschlands anmeldeten. Zu diesem Seminar hatte Hans Treschwig eingeladen, ein Könner und Kenner in Sachen Stenografie. Auch Vereinsmitglieder aus Marburg nahmen daran teil, um etwas zu lernen. Die Veranstaltung fand in den Räumen der Volkshochschule statt. Tagsüber wurden die Teilnehmer mit selbstgebackenem Kuchen sowie kalten und warmen Getränken versorgt.
An jenem Wochenende fand in Marburg das Festival "Marburg b(u)y night" statt. Außerdem war die Innenstadt weihnachtlich illuminiert, so dass die Teilnehmer neben der Arbeit auch etwas Marburger Flair erlebten und schöne Eindrücke mit auf die Heimreise nehmen konnten.
Nach langer schwerer Krankheit verstarb am 25. April 2017 Stephan Senzig, er wurde 72 Jahre alt, wohnte in Bad Camberg im Taunus. Viele Jahre war er treues Mitglied des Marburger Stenografenvereins. Bei den Veranstaltungen des Vereins war er präsent, besonders die Jahreshauptversammlungen leitete er souverän. Er war immer ein gern gesehener Gast.
Jahrzehntelang war er Vorsitzender des Hessischen Stenografenverbandes und in vielen hessischen Vereinen auch Mitglied. Er lebte für die Stenografie, organisierte nicht nur Wettbewerbe, sondern auch die jährlichen Städtereisen.
Mit ihm haben die hessischen Stenografen eine Persönlichkeit verloren.
2019 hatte der Marburger Stenografenverein 68 Mitglieder. Besonders die älteren Mitglieder halten dem Verein seit mehr als 50 bzw. 60 Jahre und länger die Treue. Damals in den 50er Jahren wurden Kurzschrift und Maschinenschreiben für den Beruf benötigt, und über die Kurse des Vereins konnten Leistungen verbessert werden. Die Teilnehmer mussten Vereinsmitglied werden und sind es zum Teil bis heute noch. Für diese jahrzehntelange Vereinszugehörigkeit wurden sie im Laufe der letzten Jahre anlässlich der Jahreshauptversammlungen oder bei entsprechenden Veranstaltungen mit Ehrenbriefen und Goldener Nadel ausgezeichnet. Besonders hervorzuheben sind die 80-jährigen Mitgliedschaften von Gertrud Kurtz und Florian Nieslony.
Der Vorstand des Vereins setzt sich aktuell wie folgt zusammen: Lydia Fülling (1. Vorsitzende), Claudia Lingelbach (2. Vorsitzende), Karin Lehmann (1. Schriftführerin), Sandra Koniecny (2. Schriftführerin), Rosemarie Berghöfer (1.Kassiererin), Dagmar Damm (2. Kassiererin), Daniela Willstumpf (Jugendvertreterin), Anita Haustein und Deanny Beyer als Beisitzerinnen.
Und dann im Frühjahr 2020 kam Corona und das ganze Leben in der Welt brach zusammen, so auch das Vereinsleben. Nichts ging mehr, keine Jahreshauptversammlung, keine Wettschreiben, keine Kurse. Die Schulen wurden teilweise geschlossen. Auch Vereinstreffen im Sommer oder ein Event zum Jahreswechsel fielen pandemiebedingt aus.
Ende des Jahres 2021 trennte sich der Verein von seinen fünf noch vorhandenen alten mechanischen Schreibmaschinen, die bis dahin untergestellt waren. Es waren die sogenannten "Schätzchen" des Vereins, die jetzt im Schreibmaschinenmuseum in Treysa als Dauerleihgabe stehen. Dazu gehört die kleine Kofferschreibmaschine "Erika" mit doppelter Umschaltung aus dem Jahr 1910 und die erste Vereinsschreibmaschine "Urania 7" von 1928 sowie eine "Triumph", die auch aus den 1930er-Jahren stammt. Außerdem eine "Adler", das letzte Exemplar aus dem Unterrichtsraum auf der Ketzerbach. Auf diesen mechanischen Schreibmaschinen wurde in den 1950er-Jahren Maschinenschreiben unterrichtet.
(Zusammengestellt aus Geschäftsberichten und Protokollen der Jahre 1988 bis 2021 von Rosemarie Berghöfer)
Hinweis:
Die ersten 100 Jahre (1887 - 1987) werden gerade überarbeitet.